Mehr Bürokratie, weniger Zeit für die Pädagogik

Fachforum der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. zur Evaluation des Hessischen Kinderförderungsgesetzes macht deutlich: Nachbesserungen am Gesetz sind nötig.

Selten hat ein Gesetzentwurf in Hessen für so viel Diskussion gesorgt wie das Hessische Kinderförderungsgesetz (Hess. KiföG), vorgelegt 2013 von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung. Nach massiven hessenweiten Protesten auch seitens der Liga Hessen, hat das Gesetz eine Überarbeitung erfahren und trat 2014 in Kraft. Um herauszufinden, wie und ob das Gesetz in der Praxis funktioniert, hat das Hessische Sozialministerium das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS Frankfurt) mit einer Evaluation beauftragt. Die Ergebnisse des Evaluationsberichtes liegen nun vor. Bei dem Liga-Fachforum „Hess. KiföG im Blick der Evaluation“ am 14. Februar 2017 in Frankfurt am Main haben Experten der Liga gemeinsam mit Dr. Irina Volf von ISS die Ergebnisse diskutiert. Ganz konkret ging es um die Frage: „Was bringt das Gesetz für die Kinder und Familien tatsächlich?“

"Keine eindeutigen Verbesserungen"

Grundsätzlich ist festzustellen: Die Entscheidung für die Evaluation war richtig und wurde auch von der Liga Hessen gefordert und unterstützt. Allerdings war der Zeitpunkt der Durchführung für eine umfassende auf breite Praxiserfahrungen beruhende Bewertung zu früh angelegt. Aussagen zur Qualitätsverbesserung und zur Kosten-Nutzen-Relation des Gesetzes sowie Aussagen zur Wirkung auf die Betreuungsqualität sind bedauerlicherweise nur bedingt möglich.

Jürgen Hartmann-Lichter, Vorsitzender des Liga-Arbeitskreises „Kinder, Jugend, Frauen und Familie“ stellt fest: „Die Lektüre des 460-Seiten-Berichtes hat unsere Befürchtungen bestätigt: Es ergeben sich weder für die Kinder, die Eltern, noch die Erzieher(-innen) eindeutige Verbesserungen. Allein der Einsatz der Pauschalen, die für Qualitätsverbesserung eingeführt wurden, muss deshalb schon nachgebessert werden.“

Das Gesetz führe außerdem zu mehr Bürokratie auf Kosten der Qualität, so Liga-Vorsitzender Thomas Domnick: „Kita-Leitungen müssen mehr Zeit in Verwaltungsaufgaben investieren, die ihnen dann wiederum für die pädagogische Arbeit fehlt.“ Hier müssten zusätzliche Kontingente in das Gesetz mit aufgenommen werden.

Verbindliche Regelung für Inklusion vonnöten

Auch bei der Integration von Kindern mit Behinderung sieht die Liga Nachbesserungsbedarf: Die Evaluation zeigt, dass Kinder mit Behinderung derzeit in größeren Gruppen betreut werden, als vor dem KiföG. Die Regelungen werden dabei in einer Rahmenvereinbarung zwischen der Liga und den Kommunalen Spitzenverbänden getroffen, weil es hierzu keine gesetzliche Grundlage gibt. „Hier brauchen wir eine verbindliche Regelung“, so Domnick. „Das Hess. KiföG muss stärker inklusiv ausgerichtet werden. Dazu müssen die erforderlichen Regelungen für Kinder mit Behinderung in das Gesetz mit aufgenommen und als eigener Faktor mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden.“

Eine erste Bewertung durch die Liga zeigt: Der vorliegende Evaluationsbericht stellt eine gute Grundlage dar, um mit der Hessischen Landesregierung über geeignete Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung in Hessen zu diskutieren. Nach den Runden Tischen „Kinderbetreuung“ und der Bearbeitung der Evaluationsstudie ist jetzt die Zeit, über die erforderlichen Änderungen zu sprechen. Aus Sicht der Liga Hessen sind weitere Anpassungen in jedem Fall notwendig.

 

Ansprechpartner: 
Jürgen Hartmann-Lichter
Vorsitzender Liga-Arbeitskreis „Kinder, Jugend, Frauen und Familie“
Tel.: 06431 / 997-202
Email: Juergen.hartmann-lichter@dicv-limburg.de