Kampagnenfähig, streitbar und mutig

Mit rund 200 Gästen feierte die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V. am 10. Mai 2016 ihr 70-jähriges Bestehen. Anlass, einen Blick auf die Anfänge, gegenwärtige und künftige Herausforderungen zu werfen.

Ministerpräsident Volker Bouffier

Nachkriegsdeutschland vor genau 70 Jahren: Das sich neu konstituierte Land Hessen sollte mehr als 600.000 Flüchtlinge aufnehmen nach Vorgabe der Alliierten. Allein im Mai 1946 kamen 80.000 Menschen nach Hessen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2015 kamen 79.800 Asylsuchende in Hessen an.

Im diesem Umbruchsjahr 1946 finden sich auch die Wohlfahrtsverbände neu zusammen – waren sie doch im Dritten Reich größtenteils verboten, enteignet und an ihrer Arbeit gehindert worden. Sie bieten den Menschen Soforthilfe: Den Suchdienst für Kriegsgefangene und Vermisste, Volksküchen, Heime für Kriegswaisen, Notunterkünfte für „Ausgebombte“ oder Kleiderkammern. Nach dem Grundsatz: "Gemeinsam stark für Schwache" schließen sich die Verbände zu einem Bündnis zusammen, der „Arbeitsgemeinschaft der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen“. „Man arbeitete zusammen, wo Zusammenarbeit - im Wortsinn - notwendig war“, so Liga-Vorsitzender Thomas Domnick in seiner Eröffnungsrede.

Wichtiger Partner der Politik

Dass die Liga heute wie damals eine unverzichtbare Rolle in der gesellschaftlichen und sozialpolitischen Landschaft spielt, betont auch Ministerpräsident Volker Bouffier in seiner Ansprache. Die Liga sei ein Erfüller des Sozialstaatsprinzips, ein wichtiger Partner der Politik, der ihr auch gelegentlich sage, wo es langgehe. Auch Sozialminister Stefan Grüttner stimmte in der moderierten Talkrunde zu, dass die Verbände mit ihren haupt- und ehrenamtlich Beschäftigten eine unersetzbare Rolle im Land einnehmen.

Auch in der Krise stabil

Dass die Investition in die Freie Wohlfahrtspflege (FW) und in die Sozialwirtschaft eine Sinnvolle und Nachhaltige ist, wird auch im Vortrag des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt (ISS) von Herrn Kleemann, deutlich. Die von der Liga in Auftrag gegebene Sozialwirtschaftsstudie belegt, dass jeder 30. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Hessen 2012 in der FW beschäftigt war. Auch in Krisenzeiten ist die FW ein stabiler Arbeitgeber, der regionale Kaufkraft stützt und mit der sozialen Infrastruktur wie den rund 7.300 Einrichtungen Teilhabe ermöglicht. In Krisenzeiten, wie aktuell bei der Bewältigung der Flüchtlingsintegration, konnte der Staat kurzfristig auf die vorhandenen Hilfsstrukturen der FW zurückgreifen. Die Studie, die zunächst in einem ersten Leistungsteil öffentliche Statistiken ausgewertet hat, belegt ferner, dass die Einbindung der erfassten Ehrenamtlichen bei den Wohlfahrtsverbänden allein einen monetären Mehrwert von 70 Millionen Euro ausmacht. 

Um die Arbeit in Krankenhäusern, Altenheimen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Suchthilfe- oder Beratungsstellen in dem Umfang und der Qualität weiterhin zu gewährleisten, braucht es vom Land mehr Unterstützung. „Sonst haben wir bald niemanden mehr, der diese Arbeit leistet. Nicht weil sie nicht erfüllend wäre, sondern weil man nicht davon leben kann“, so Liga-Vorsitzender Thomas Domnick. 

Stark für die Schwachen

70 Jahre Liga – auch künftig wird dieses starke Bündnis den Schwachen eine Stimme geben, mit der Landespolitik in den Dialog treten, auch streiten um die besseren Wege, aber immer mit dem gemeinsamen Ziel, dass alle Menschen in Hessen gut leben können.