Revolutionäre Veränderungen in der Altenhilfe

Ab 1. Juli 2023 wird in der stationären Altenhilfe das neue Personalbemessungsverfahren (PeBeM) eingeführt. Die perspektivisch resultierenden Konsequenzen stellen nicht nur aus Sicht der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Hessen die umfangreichsten Veränderungen seit Einführung der Pflegeversicherung dar und bringen eine Reihe an Herausforderungen mit sich.

Dem neuen Verfahren liegt eine wissenschaftliche Erhebung zugrunde, die analysiert hat, welche Berufsgruppen welche Tätigkeiten in einer Pflegeeinrichtung übernehmen könnten. Pflegefachkräfte sollen demnach von fachkraftunabhängigen Tätigkeiten in ihrem Alltag entlastet werden. Diese Herangehensweise ist erstmalig und gleicht einer Revolution der Pflegeorganisation. Gleichzeitig ist diese mit enormen Veränderungs- und Organisationsprozessen in den Pflegeeinrichtungen verbunden.

Wie sich Einrichtungen auf diese umfangreichen Veränderungen vorbereiten sollten, welche Chancen sich daraus ergeben und welche Hürden und Herausforderungen es zu meistern gilt, war Thema eines Fachtages der Liga Hessen am 18.10.2022 in Frankfurt. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse und war mit über 130 Gästen ausgebucht. Vertreter*innen von Pflegeeinrichtungen waren vor Ort, Referent*innen verschiedenster Couleur ebenso. Michael Wipp, von „WippCare“ stellte seine Erfahrungen bei der Umsetzung von PeBeM vor, Vertreter*innen der freien Wohlfahrtspflege berichteten zu den Verhandlungen auf Bundesebene, Praxisbeispiele von Pilotprojekten aus Hessen und Norddeutschland zeigten erste Erfahrungen aus der Praxis auf. Mit der Neuorganisation von Pflegeprozessen ist eine gezielte Ausbildung qualifizierter Pflegehilfskräfte erforderlich, welche nur gelingen kann, wenn die Kapazitäten der Pflegeschulen ausreichend zur Verfügung stehen. Den Blick auf die Situation der Ausbildungsstätten gab ein Vertreter der hessischen Schulleiterkonferenz.

Bei einer Diskussionsrunde mit Vertreter*innen der Liga Hessen, des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, der Pflegekassen in Hessen, Berater Michael Wipp und der Schulleiterkonferenz wurden die Möglichkeiten der Umsetzung aus den verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.

Der Fachtag machte deutlich, was für eine erfolgreiche Umsetzung des Bemessungsverfahrens erforderlich ist:

  • Mehr Personal in den Pflegeeinrichtungen
  • Mehr Auszubildende – vor allem im Bereich der examinierten Altenpflegehilfe
  • Genügend Lehrkräfte und eine auskömmliche Finanzierung der Pflegeschulen

Hier sind alle Akteure (Verbände, HMSI, Kostenträger) aufgerufen, zum Gelingen beizutragen.

„Damit die Versorgung in der Pflege auch in der Zukunft sichergestellt werden kann, empfehlen wir als Liga Hessen dem Land dringend, sich mit zusätzlichen Mitteln für eine gute Umsetzung der Personalbemessung einzusetzen. Beispielsweise in der Entwicklung neuer niedrigschwelliger Qualifizierungsprogramme oder durch Anerkennungsverfahren von angelernten Pflegenden“, so Michael Schmidt, Vorsitzender des Liga-Arbeitskreises „Gesundheit, Pflege und Senioren“. Außerdem müssten die Ausbildungskapazitäten für die einjährige Pflegeausbildung schnellstmöglich ausgebaut und die Ausbildungssituation selbst weiter verbessert werden.

Damit wir in Hessen eine Chance haben, die Ausbildungskapazität an die zukünftigen Bedarfe auszurichten, braucht es einen Abbau von Barrieren und einen Anreiz für Schulen, eine einjährige Pflegeausbildung anzubieten. In den Einrichtungen müssen flächendeckende Praxisanleitungssysteme umgesetzt werden, mit einer entsprechenden Möglichkeit der Refinanzierung.

 

 

Kontakt

Michael Schmidt

Vorsitzender Liga-AK „Gesundheit, Pflege und Senioren“

E-Mail: michael.schmidt@awo-nordhessen.de