Mit bezahlbarem Wohnraum gegen Fachkräftemangel

Erfolgreicher digitaler Fachtag zum Mitarbeitenden-Wohnen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen: Welche Rolle spielt der Wohnraum bei der Arbeitsplatzsuche?

Bezahlbarer Wohnraum ist neben Arbeitskräftemangel eines der drängendsten Themen unserer Zeit. In Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen und vielen weiteren sozialen Einrichtungen sind viele Stellen nicht besetzt. Da sind Arbeitgeber*innen, die für Mitarbeitende (bezahlbaren) Wohnraum anbieten können, auf dem hartumkämpften Arbeitsmarkt eindeutig im Vorteil.

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen hat bei einem digitalen Hearing „Arbeitskräftesicherung durch Mitarbeitenden-Wohnen?“ mit Gästen aus Wissenschaft, Wohnungswirtschaft, Stadtplanung, sozialen Trägern und Politik über diese Thematik diskutiert und erste erfolgreiche Modelle (Best Practice) vorgestellt. „Eine Umfrage unter Trägern unserer Verbände zeigte, dass bei über der Hälfte der befragten Einrichtungen das Thema Wohnungsangebot bei der Personalakquise eine Rolle spielt und Interesse besteht, sich an einem Wohnprojekt für Mitarbeitende zu beteiligen. Wir sind mit dieser Veranstaltung absolut am Puls der Zeit und als Verbände auch in der Verantwortung, hier tätig zu werden“, so Dr. Markus Juch, Vorsitzender der Querschnittsarbeitsgruppe Wohnen.

Für potenzielle Mitarbeitende ist so ein Wohn-Angebot attraktiv: Es werden Zeit, Fahrtkosten und Emissionen reduziert, genauso wie das Unfallrisiko. Zudem zeigte Rainer Lechner von der Gradmann-Stiftung an einem Best Practice, wie mit kleinen Grundstücken und ideenreicher Bebauung im Verhältnis viel Wohnraum innerhalb eines Stadtkerns geschaffen werden konnte. Weiterer positiver Effekt: Die Wohnungen für Mitarbeitende in der Nähe der Pflegeeinrichtung führen dazu, dass genug Fachpersonal verfügbar ist, um alle Pflegeplätze zu belegen. „Das ist eine gelungene Symbiose von günstigem Wohnraum in zentraler Lage, ein Gewinn an Mitarbeitenden für die Pflegeeinrichtung, eine Aufwertung der Bebauung und der Infrastruktur im Stadtteil durch das integrierte Café“, so Dr. Juch. Holger Hothum und Clarissa Graz vom Evangelischen Verein für Innere Mission Frankfurt am Main machten an ihrem Projekt deutlich, dass auch in der Metropole mit Unterstützung der Kommune insbesondere der Umbau im Bestand zu einem Mietpreis von 9,63 €/qm möglich ist.

In der Diskussion wurde deutlich: Die Träger wünschen sich mehr Unterstützung durch die Landesregierung, eine Aktualisierung der Förderrichtlinie des Landes, ein spezielles Förderprogramm für die Sozialbranche und eine Reduzierung der baulichen Anforderungen.

Claudia Wesner von der Stabsstelle Fachkräftesicherung beim Hessischen Sozialministerium bekräftigte, dass mehr bezahlbarer Wohnraum ein zentrales Anliegen der Landesregierung sei. Die Wohnraumförderung wurde beispielsweise auf Azubi-Wohnen ausgeweitet. Sie wolle dazu auch weiterhin mit der Liga im Dialog bleiben. Ministerialrat Dr. Johannes Kalusche vom Hessischen Wirtschaftsministerium machte deutlich, dass die Förderrichtlinie jetzt schon eine Förderung für soziale Träger ermöglicht, wenn der Wohnraum, der geschaffen werden soll, offen für alle Menschen ist, die über einen Wohnberechtigungsschein verfügen. Zudem müsse die Miete 25% unter dem Marktpreis liegen. Mehr bezahlbarer Wohnraum ja, aber kein gezieltes Förderprogramm für einzelne Branchen in Hessen, das lehnt das Wirtschaftsministerium ab.

Matthias Berger vom Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft gab zu bedenken, dass Wohnraum für Mitarbeitende in der Sozialwirtschaft ein wichtiger Faktor in der Konkurrenz um Arbeitskräfte sei. Es brauche kommunale Bündnisse, weniger Bauvorschriften und mehr Konzeptvergabe. Gertrudis Peters, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin von der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen hob hervor, dass bezahlbares Wohnen ein wichtiger Faktor für ein soziales Miteinander in der Gesellschaft sei. Bezahlbares Wohnen im Bestand werte die Quartiere auf und ermögliche eine gute Durchmischung. Es brauche zudem eine bessere Erfassung von Potentialen für Umbau. Die Förderung sollte weniger auf Neubau ausgerichtet werden, sondern mehr auf Umbau.

Fazit: Alle Teilnehmende der Veranstaltung sehen, dass das Angebot an bezahlbarem Wohnraum vergrößert werden muss. Einrichtungen und Träger können mit Wohnungen für Mitarbeitende ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und qualifizierte Arbeitskräfte anziehen. Alle Seiten profitieren: Beschäftigte, Arbeitgeber und Kommunen. Es braucht weiterhin den Dialog, mehr Fördermittel und starke regionale Netzwerke. Die Liga Hessen wird dieses wichtige Thema weiter verfolgen. Eine Auswertung der Ergebnisse des Hearings folgt am 25.07.2023. Dann werden weitere Aktivitäten geplant werden.

 

Ansprechpartner*innen

Uwe Seibel, Sprecher QAG Wohnen

E-Mail: uwe.seibel@diakonie-hessen.de

Tel. 0561/1095-3305

 

Holger Franz, Sprecher QAG Wohnen

E-Mail: holger.franz@caritas-fulda.de

Tel. 0661/2428-120