Kindern in der Krise gerecht werden

Kinder haben ein Recht auf Bildung, Erzieher*innen in den Kitas haben ein Recht auf Gesundheitsschutz, Eltern haben ein Recht auf Betreuung ihrer Kinder. Die Politik muss hier einen einheitlichen Weg für den Betrieb während der Pandemie vorgeben.

In einem Brief an Eltern von Kita-Kindern hat das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) die Rahmenbedingungen für den Regelbetrieb unter Pandemie-Bedingungen erklärt und um Verständnis für die besondere Situation in den Kindertagesstätten gebeten. Ein wichtiges Signal, findet die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen. Denn der Alltag in den Kitas unter Pandemiebedingungen ist eine besondere Herausforderung für Erzieher*innen, Eltern und Kinder.

Die pädagogischen Fachkräfte stellen sich den Herausforderungen des Infektionsgeschehens mit hohem persönlichem Einsatz. Mit der Umsetzung der Hygienekonzepte gewährleisten die Kitas für die betreuten Kinder und für ihre Mitarbeitenden den bestmöglichen Schutz. Der Anstieg der Inzidenzwerte im Oktober und die Vorgaben im neuerlichen „Lockdown Light“ zwingen die Einrichtungen jedoch zur Anpassung ihres Angebots. Durch die stark veränderten Abläufe und die wachsende Zahl von Infektions- und Verdachtsfällen, müssen die Öffnungszeiten in der Regel eingeschränkt und die pädagogischen Konzepte verändert werden: Der sogenannte Regelbetrieb unter Pandemie-Bedingungen ist damit de facto ein eingeschränkter Regelbetrieb. Diesen Tatbestand gilt es öffentlich zu benennen und anzuerkennen.

"Uns fallen jetzt die schlechten Rahmenbedingungen auf die Füße! Wenn auch nur eine Kollegin krank ist, dann gibt es ein Mittagessen und dann ist Schluss. Es ist reine Mangelverwaltung – Krankheit, Quarantäneanordnungen und zusätzliche Aufgaben bringen uns über die Belastungsgrenze hinaus! Das war schon vor Corona hart, aber jetzt ist es richtig schlimm." Diese Erfahrung einer Kita-Leitung zeigt, an welchen Grenzen viele Einrichtungen angekommen sind.

„Kinder haben ein Recht auf Teilhabe und Bildung, Mitarbeiter*innen haben ein Recht auf Gesundheitsschutz und Eltern haben ein Recht auf Betreuung ihrer Kinder. Kitas brauchen jetzt einen sicheren Gestaltungsrahmen, der elementarpädagogische Ansätze, den Bildungsauftrag und die Kinderrechte auch in Krisenzeiten ernst nimmt“, sagt Regina Freisberg, Vorsitzende des Liga-Arbeitskreises „Kinder, Jugend, Frauen und Familie“.

Die Landesregierung sei hier gefordert, einen klaren einheitlichen Weg vorzugeben für den Betrieb unter Pandemie-Bedingungen und zwischen Trägern, Einrichtungsleitungen auf der einen, Eltern auf der anderen Seite, zu vermitteln.

Die Kitas brauchen konkret:

Orientierung und Planbarkeit

z.B. durch ein verbindliches landesweit einheitliches Stufen- und Eskalationskonzept für Kitas, das dann gemäß aktuellen Inzidenzwerten in den Landkreisen differenziert angewendet wird sowie eine zeitnahe Information an die Träger der Kitas.

Verlässliche Kooperationen

z.B. durch gesicherte Kontaktmöglichkeit mit den Gesundheitsämtern und behördlichen Kooperationspartnern, bspw. durch regionale, kompetent besetzte Hotlines für die Bildungseinrichtungen.

Fortschrittliche Digitalisierung

z.B. durch investive Mittel für eine verbesserte digitale Ausstattung der Kitas. Dazu zählen die Implementierung einer Eltern-App, videokonferenzfähige Endgeräte, Basisschulungen zur Nutzung der digitalen Technik sowie die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten für Leitungskräfte.

Anschlussfähigkeit

z.B. durch zeitgleiche Beschlüsse mit Relevanz für Schulen und Kitas, durch vergleichbare Verfahrenswege unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen für die verschiedenen Bildungsorte, durch anschlussfähige Anwendung von Schutzkriterien im öffentlichen Raum und in Bildungseinrichtungen.

Priorisierung

z.B. durch einen Gestaltungsrahmen, die der Bildungs- und Betreuungs-Qualität Vorrang vor der Quantität der Betreuung einräumt und die pädagogische Praxis unter Pandemiebedingungen berücksichtigt.

Transparenz

z.B. für Eltern und Fachkräfte nachvollziehbare, zeitnahe Kommunikation zu Interventionen und Entscheidungen.

 

„Um den Bedürfnissen der Kinder in der sich zeitlich ausdehnenden Pandemiesituation weiterhin gerecht werden zu können, brauchen wir gute Kommunikationsformen und Ressourcen gerade mit Blick auf den Fachkräftebedarf, um die Praxis zu entlasten“, stellt Regine Haber-Seyfarth klar, Sprecherin der UAG Kita im Arbeitskreis „Kinder, Jugend, Frauen und Familie“.

Am 16.12.2020 findet im Hessischen Sozialministerium ein weiteres Gespräch zum Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen statt. Dies ist ein guter Dialog, um die Anliegen der Träger und Einrichtungen zu platzieren. Nur gemeinsam können wir daran wirken, Kinder- und Erwachsenrechte zu benennen, Widersprüche aufzulösen und Trennendes zu vereinen. Jetzt ist die Chance, an den richtigen Hebeln zu ziehen, um die Qualität in Kitas zu halten!

 

Kontakt:

Regine Haber-Seyfarth

Sprecherin UAG Kita I AK „Kinder, Jugend, Frauen und Familie“

Tel. 0561 1095 3313

regine.haber-seyfarth@diakonie-hessen.de