Bundeshaushalt 2024: Kahlschlag in der Migrations- und Flüchtlingsberatung
Angesichts der größten Fluchtbewegung nach Deutschland mit Ausbruch des Ukraine-Krieges und weiter steigenden Zahlen von Flüchtlingen aus anderen Kriegs- und Krisenländern ist es völlig unverantwortlich, die Mittel für Migrations- und Flüchtlingsberatung so exorbitant zu kürzen, wie es derzeit im Bundeshaushalt vorgesehen ist. Die Bundeshaushaltsplanung mutet umso absurder an, als dass gleichzeitig die Fachkräftezuwanderung nach Deutschland erleichtert und zahlenmäßig gesteigert werden soll.
Die Kürzung bei gleichzeitig enorm steigendem Bedarf kommt aus Sicht der Liga Hessen einer Politik der Desintegration mit Ansage gleich, die sich unsere Gesellschaft nicht leisten kann und darf.
Die Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) soll um 30%; die Jugendmigrationsdienste (JMD) und das Programm der Respekt Coaches (Extremismusprävention an Schulen) sollen um 36% gekürzt werden.
Die Beratungsstellen sind eine der wichtigsten Säulen im Integrationsprozess: Sie unterstützen bei Wohnungs-, Ausbildungs- und Arbeitssuche, beraten zu Bildungs- und Gesundheitsthemen und im Behördenkontakt und vermitteln in Sprachkurse. „Sollten die Kürzungen kommen, hätte dies eine nicht zu verantwortende Destabilisierung der ohnehin schon überlasteten Beratungsstrukturen für Migrant*innen und Flüchtlinge in den Kommunen zur Folge. Große Teile dieser niedrigschwelligen, lokalen Unterstützungshilfen würden dann wegfallen“, führt Yasmin Alinaghi, stellv. Vorsitzende der Liga Hessen, aus.
Die Asylverfahrensberatung (AVB) soll um 50% gekürzt werden.
Dabei hat auch die Bundesregierung festgestellt, dass die AVB die Effizienz von Asylverfahren und die Qualität von behördlichen Entscheidungen verbessert. Für ein rechtsstaatliches und faires Asylverfahren ist es unerlässlich, dass alle Asylsuchenden gut informiert und behördenunabhängig beraten werden können. Wenn die geplante Kürzung so umgesetzt wird, können lediglich 15% der Asylsuchenden überhaupt erreicht werden.
Die Psychosozialen Zentren für Geflüchtete (PSZ) sollen um 60% gekürzt werden
Dabei sind diese Zentren oftmals die einzige Versorgungsmöglichkeit für traumatisierte Flüchtlinge, da die Hürden in die Regelversorgung u.a. aufgrund fehlender Finanzierung und Verfügbarkeit von Sprachmittlung viel zu hoch sind. Eine weitere Verschärfung der schon jetzt bestehenden Unterversorgung erhöht das Ausmaß manifestierter und chronifizierter psychischer Erkrankungen. Neben dem dadurch verursachten psychischen Leid bei den Betroffenen, hat das auch langfristig höhere Behandlungskosten und ein stärker belastetes Gesundheitssystem zur Folge.
Hessen wäre von diesen finanziellen Einschnitten in besonderem Maße betroffen, da es sich um eines der wenigen Bundesländer handelt, das seit Jahren kein eigenes Landesprogramm für Migrations- und Flüchtlingsberatung auflegt. Lediglich für die psychosoziale Versorgung stellt das Land finanzielle Mittel zur Verfügung, die bei weitem nicht ausreichend sind. Die einzigen professionellen Beratungsangebote in hessischen Kommunen sind daher nahezu vollständig abhängig von Bundesmitteln. Diese reichen schon jetzt nicht aus, um in jeder hessischen Gebietskörperschaft die dringend benötigten Beratungsangebote vorhalten zu können. „Die geplanten Kürzungen im Migrations- und Flüchtlingsbereich erachten wir als völlig unverantwortlich, denn damit würde die berufliche und gesellschaftliche Integration vieler Migrant*innen und Geflüchteter in den meisten hessischen Kommunen aufs Spiel gesetzt“, so Bettina Kratzer, Geschäftsführerin des Liga-Arbeitskreises „Migration und Flucht“.
Die Liga Hessen hat sich daher an die hessischen Bundestagsabgeordneten gewandt, sich im parlamentarischen Verfahren gegen die vorgesehenen Kürzungen im Bundeshaushalt auszusprechen.
Ansprechpersonen:
Bettina Kratzer, Geschäftsführerin Liga-Arbeitskreis „Migration und Flucht“
E-Mail: bettina.kratzer(at)drk-hessen.de / Tel.: 0611-7909-233
Lea Rosenberg, Mitglied des Liga-Arbeitskreises „Migration und Flucht“
E-Mail: lea.rosenberg(at)paritaet-hessen.org / Tel.: 069-955262-52